Aus Fällen und Fehlern lernen!
Der erste Fall zur Schwarzgeldabrede ist aktuell wie nie. Viele gehen gutgläubig eine solche Schwarzgeldabrede ein. Hier soll darauf aufmerksam gemacht werden, dass auch Teil-Schwarzgeldabreden zur Gesamtnichtigkeit des Bauvertrages führen. Das wird oft übersehen. Der Fall des OLG Schleswig aus dem Jahr 2014 ist hierzu sehr lehrreich.
Hier geht es um die schlüsselfertige Erstellung einer Hotelerweiterung zu einem Pauschalpreis von 500.000,00 € netto, die Unternehmer und Hotelier schließen. Zusätzlich soll der Unternehmer 30.000,00 € nebenbei erhalten. Auf die angeforderten Abschläge leistet der Hotelier 340.000,00 €. Weitere Abschlagszahlungen erbringt er nicht. Er beruft sich auf eine Vielzahl von Mängeln und eine fehlende Prüfbarkeit der Schlussrechnung. Die Hotelier wendet die Schwarzgeldabrede ein. Das Berufungsgericht entscheidet, dass der gesamte Bauvertrag aufgrund dieser Teil-Schwarzgeldabrede nichtig ist. Das hat zur Folge, dass der Unternehmer seinen Werklohn nicht erhält, auch Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder Bereicherungsrecht scheiden aus. Schwarzarbeit lohnt für beide Vertragsparteien nicht.
Der Bundesgerichtshof ist seit 2013 streng und lässt bei beiderseitigem Verstoß gegen das Schwarzarbeitsgesetz alle wechselseitigen Ansprüche entfallen. Der Unternehmer wendet ein, dass er die Absicht gehabt hatte, die weitere Vergütung von 30.000,00 € ordnungsgemäß zu verbuchen und zu versteuern, jedoch vergeblich. Für den Unternehmer ist es wichtig, innerhalb von sechs Monaten nach Vollendung, also meist der Abnahme oder seit Fertigstellung eine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne von § 14 Abs. 2 S. 1 UStG über alle auf einem Grundstück erbrachten Bauleistungen zu erstellen, um dem Verdacht des Schwarzgeldgeschäfts entgegenzuwirken. Nicht nur der Auftragnehmer kann verlieren, sondern auch der Auftraggeber. Meist ist es so, dass der Auftraggeber alle seine Mängelansprüche verliert und gezahlten Werklohn auch nicht zurückverlangen kann. Dies zeigt ein weiterer Fall des BGH aus dem Jahr 2017. Hier ging es um eine nachträgliche Teil-Schwarzgeldabrede.
Der Bundesgerichtshof urteilt, dass auch ein zunächst nicht gegen ein gesetzliches Verbot verstoßender Werkvertrag auch dann nach § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG nichtig sein kann, wenn er nachträglich so abgeändert wird, dass er nunmehr von dem Verbot der Schwarzgeldabrede erfasst wird. Bei dem Fall geht es um um einen Bodenleger, der seinem Auftraggeber, der von Beruf auch noch Rechtsanwalt ist, für die Entfernung des alten Teppichbodens und die Beschaffung und Verlegung eines neuen Teppichbodens ein schriftliches Angebot über 16.200,00 € unterbreitet. Das Angebot wird auch zwei Tage später später schriftlich angenommen. Später irgendwann im Lauf der Bauphase verständigen sich Bodenleger und Rechtsanwalt darauf, dass der Auftragnehmer lediglich eine Rechnung über 8.600,00 €, die sich wahrheitswidrig auch noch auf Verlegearbeiten in der Wohnung in einem Mietshaus des Rechtsanwalts beziehen, stellt und der Rechtsanwalt weitere 6.400,00 € bar zahlt. Der Bodenleger erhält also anstatt der 16.200,00 € nur 15.000,00 €. Leider zeigen sich Mängel und und der Anwalt geht später hin und erklärt den Rücktritt vom Vertrag und verlangt Rückzahlung von 15.000,00 € in Berufung auf die Nichtigkeit des Vertrages. Der Bundesgerichtshof entscheidet, dass dem Auftraggeber weder Mängelansprüche aufgrund der Mängel zustehen noch ein Anspruch auf Rückzahlung des Lohns, da der Werkvertrag gemäß § 134 BGB i.V.m. dem Schwarzarbeitsgesetz insgesamt nichtig ist. Der Bundesgerichtshof urteilt knallhart, dass Sinn und Zweck des Verbots ist, die Schwarzarbeit schlechthin zu verbieten, so dass auch bei einer nachträglichen Schwarzgeldabrede das gesamte Geschäft nichtig ist. In diesem Zusammenhang muss auch dringend davor gewarnt werden sich vor Gericht auf eine Schwarzgeldabrede zu berufen, da man dadurch eine Steuerhinterziehung bzw. Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingesteht und damit rechnen muss, dass das mit dem Bauprozess befasste Zivilprozess die Akte an die Staatsanwaltschaft übergibt. Dabei sind viele Gerichte sehr rigoros.
Der weitere Fall ist wiederum interessant, da es um eine Bedenkenanmeldung auch gegenüber dem Nachfolgegewerk geht. Grundsätzlich erstreckt sich eine solche Bedenkenanmeldung nur auf das Vorgewerk, wenn sich das Vorgewerk auf die eigene Leistung des Bodenlegers auswirkt. Das ist beispielhaft der Fall, wenn eine viel zu hohe Restfeuchtigkeit des Estrichuntergrunds gegeben ist. Jedoch sollte der Bodenleger im Blick haben, dass eine Bedenkenanmeldung auch gegenüber dem Nachfolgegewerk infrage kommt. Dies ist immer dann der Fall, wenn sich dem Bodenleger Anhaltspunkte dafür bieten, dass das Nachfolgegewerk nicht ordnungsgemäß ausgeführt wurde und hierdurch sein Gewerk Schaden nehmen könnte. Dann ist der Bodenleger verpflichtet, hierauf durch eine Bedenkenanmeldung hinzuweisen. Der Fall des OLG Koblenz ist aus Oktober 2020. Hier sollte ein Landschaftsgärtner in einem Einkaufscenter zwölf bauseits gelieferte Stieleichen in ebenfalls bauseits vorgerichteten Baumquartiere pflanzen. Der Landschaftsgärtner pflanzt die Eichen in diese Baumquartiere ein. Nach einigen Tagen kehrt er zurück, um weitere Vertragsleistungen zu erbringen und stellt fest, dass die Pflanzbereiche bis an den Wurzelballen mit Beton vergossen wurden. Dagegen meldet er Bedenken an, jedoch nur gegenüber dem bauüberwachenden Architekt, der dann einfach gegenüber dem Auftraggeber schreibt, dass die Bauweise mit dem Landschaftsarchitekten des AG abgesprochen worden ist und der Landschaftsgärtner diese Bauweise gebilligt hat, was jedoch gar nicht stimmt. Diese Mail erhält der Landschaftsgärtner als Kopie und überliest den Hinweis auf seine angebliche Zustimmung und schweigt. Wie es kommen muss, sterben die Bäume ab und der Auftraggeber meint, dass der Landschaftsgärtner durch sein Schweigen die Bauweise gebilligt hat. Zum Glück kommt das OLG Koblenz zu einer anderen Auffassung, jedoch sollte sich ein Auftragnehmer hierauf nicht verlassen. Man hätte diesem Fall auch anders entscheiden können.
Das Gericht bringt deutlich zum Ausdruck, dass ein Auftragnehmer gehalten ist, auch bei Leistungen eines Nachfolgeunternehmers Bedenken anzumelden, wenn er erkennt, dass diese Leistungen einen negativen Einfluss auf seine eigene Leistung haben könnte. Aus der Formulierung wird klar, dass der Auftragnehmer immer, wenn er meint, dass die Leistungen eines Nachfolgeunternehmers negativ für seine eigenen Leistungen sein könnten, lieber einmal mehr als weniger eine Bedenkenanmeldung schriftlich verfasst.
In dem Zusammenhang wurde auch ein weiteres wichtiges Problem erörtert, was sehr praxisnah ist. Es gibt vielfach Auftragnehmer, die versuchen bei einer Bedenkenanmeldung auch gleichzeitig die Lösung hierfür zu präsentieren. Davor sei ausdrücklich gewarnt. Es ist nicht Aufgabe des Auftragnehmers eine Lösung für das Problem zu präsentieren. Vielmehr ist der Auftraggeber nach einer Bedenkenanmeldung durch den Auftragnehmer verpflichtet, sich um die Lösung zu kümmern. Hier gibt es eine klare Risikoaufteilung sowohl beim VOB-Vertrag als auch beim BGB-Vertrag. Diese Risikoaufteilung sollte der Auftragnehmer nicht außer Kraft setzen, indem er anfängt zu planen und eine Lösung aufzeigt. Denn wenn der Auftragnehmer eine Lösung präsentiert und ihm dabei Fehler unterlaufen, so haftet er nach der Rechtsprechung dafür. Der Auftragnehmer sollte sich nicht Gedanken um die Lösung und den Geldbeutel seines Auftraggebers machen. Dies wird dem Auftragnehmer meist zum Verhängnis. Denn es ist der Auftraggeber, der dem Auftragnehmer eine einwandfreie Planung zur Verfügung zu stellen hat. Planung ist allein Sache des Bauherren und sollte nicht durch den Auftragnehmer übernommen werden.
Jetzt auch auf Youtube
Rechtsanwalt Carsten Seeger ist jetzt auch auf Youtube unter der Überschrift SEEGER – So geht Baurecht! zu finden. Weiter betreut er die private Gruppe Fußbodentechnik + Recht auf Facebook zu welcher er die Mitglieder des ZVR herzlich einlädt.